Bekanntgabe und Zustellung von Verwaltungsakten
Bekanntgabe und Zustellung im Verwaltungsrecht
Kategorie: Verwaltungsrecht
Veröffentlicht am August 27, 2021

In der anwaltlichen Praxis gibt es nicht selten Probleme im Zusammenhang mit der Bekanntgabe und Zustellung von Verwaltungsakten.  Der Beitrag soll daher etwas „Licht ins Dunkle“ bringen. Die Verwirklichung von Bauvorhaben steht und fällt beispielsweise mit einer guten Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten. Der Bauherr ist darauf angewiesen, dass die zuständige Baubehörde das geplante Vorhaben genehmigt. Auch die Interessen Dritter können durch die Erteilung einer Baugenehmigung berührt werden. Der bzw. die Adressaten müssen einem Verwaltungsakt aber nur dann Folge leisten, wenn dieser den durch Gesetz festgelegten Voraussetzungen entspricht. Das Gesetz sieht in § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG vor, dass ein Verwaltungsakt nur im Fall einer Bekanntgabe gegenüber dem, bzw. den Adressaten Wirksamkeit entfaltet. In manchen Fällen, etwa bei der Beteiligung von einem Bauvorhaben betroffener Nachbarn, vgl. § 70 Abs. 3 SächsBO, stellt das Gesetz zusätzliche Anforderungen und verlang tals besondere Form der Bekanntgabeeine die Zustellung des Verwaltungsaktes. Welche Voraussetzungen die zuständige Behörde erfüllen muss, um rechtswirksameinen Verwaltungsakt bekanntzugeben oder zuzustellen und in welchen Fällen es statt einer Bekanntgabe einer Zustellung bedarf, soll Gegenstand dieses Beitrags sein.

Der Verwaltungsakt als Handlungsform der Verwaltung

Als wichtigste Handlungsform der Verwaltung legt diese mit einem Verwaltungsakt im Einzelfall verbindlich fest,was für den bzw. die Adressaten oder Drittbetroffene rechtlich gelten soll. Der Verwaltungsakt ermöglicht es der Behörde schnell auf äußere und sich ändernde Gegebenheiten zu reagieren und den bzw. die Adressaten zu einem bestimmten Verhalten (aktives Tun oder Unterlassen) zu verpflichten. § 35 S. 1 VwVfG konstituiert, was unter einem Verwaltungsakt zu verstehen ist: Ein Verwaltungsakt ist demnach jede auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft. Als Verwaltungsakt gilt auch die an einen größeren, zumindest bestimmbaren Personenkreis gerichtete Allgemeinverfügung, die gegenüber jedem einzelnen Adressaten Rechtswirkung entfaltet. Der Adressat des Verwaltungsaktes kann diesen binnen einer Frist von i.d.R. einem Monat durch Einlegung eines Widerspruchs und im Falle ausbleibenden Erfolgs anschließender Erhebung einer Klage angreifen.

Wirksamwerden eines Verwaltungsakts erst bei Bekanntgabe

Ein Verwaltungsakt entfaltet nicht bereits mit der Entäußerung durch die zuständige Behörde, sondern erst mit der Bekanntgabe gegenüber dem bzw. den Adressaten Rechtswirkung. Die gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG erforderliche Bekanntgabe richtet sich nach § 41 VwVfG, sofern nicht durch Gesetz die förmliche Zustellung angeordnet wird oder sich die Behörde selbst für die Zustellung als besondere Form der Bekanntgabe entscheidet, vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG, § 1 Abs. 2 VwZG.

Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG

Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Die Bekanntgabe meint die amtliche Eröffnung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen, also der Tatsache des Ergehens und des Inhalts des Verwaltungsaktes, mit Wissen und Wollen der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde. Voraussetzung für die Bekanntgabe ist wiederum der Zugang des Verwaltungsaktes entsprechend § 130 Abs.1 BGB. Der Verwaltungsakt muss also derart in den Machtbereich (persönlich  oder häuslich) des Adressaten gelangen, dass diesem bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge unter normalen Umständen die Kenntnisnahme möglich ist.

Zeitpunkt der Bekanntgabe

Das Gesetz räumt dem bzw. den Adressaten eines Verwaltungsaktes zeitlich begrenzte Möglichkeiten ein, sich gegen den – überhaupt wirksam bekanntgegebenen – Verwaltungsakt zur Wehr zu setzen. Für den Lauf von Rechtsbehelfsfristen ist die Bestimmung des genauen Zeitpunkts der Bekanntgabe folglich von erheblicher Bedeutung. § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG bestimmt diesbezüglich, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben gilt. Zum Schutz des bzw. der Adressaten gilt dies auch dann, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich bereits früher zugeht, nicht aber, wenn der Verwaltungsakt den bzw. die Adressaten erst später (oder nie) erreicht.

Adressat(en) des Verwaltungsaktes

Der Verwaltungsakt muss gegenüber dem richtigen Adressaten bekanntgegeben werden. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, welche Personen von dessen personeller Reichweite erfasst sind. Bestimmt i.S.d. §§ 41 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt für denjenigen,für den nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes unmittelbar Rechte oder Pflichten begründet werden sollen. Darüber hinaus kann auch derjenige von dem Verwaltungsakt betroffen sein, auf den sich die im Verwaltungsakt getroffene Regelung (mittelbar)auswirkt.

Zustellung als besondere Form der Bekanntgabe

Durch Gesetz oder durch Anordnung der zuständigen Behörde kann die Zustellung i.S.d.VwZG als besondere Form der Bekanntgabe bestimmt werden. Erfolgt die Zustellung durch eine Bundesbehörde, richtet sich diese nach dem VwZG des Bundes bzw. bei einer Zustellung durch eine Landesbehörde nach dem VwZG des jeweiligen Landes (SächsVwZG in Sachsen). § 2 Abs. 1 VwZG definiert, was unter einer Zustellung zu verstehen ist. Demnach meint die Zustellung die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der im VwZG bestimmten Form. Zur Stärkung der Rechtsstellung des Empfängers und zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten soll die Zustellung den Zugang bei dem Empfänger sicherstellen und der zweifelsfreien Feststellung des Zugangszeitpunkts dienen.Die gesetzlich angeordnete Zustellung kann bei der Verwirklichung eines Bauvorhabens etwa dann aktuell werden,wenn das Bauvorhaben aufgrund seines Immissionspotentials einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bedarf. §10 Abs.7 S.1 BImSchG ordnet in diesem Fall die Bekanntgabe der Genehmigung mittels Zustellung an. Auch § 73 Abs. 3 VwGO ordnet an, dass der Widerspruchsbescheid zuzustellen ist.

Formen der Zustellung

Das VwZG sieht verschiedene Zustellungsformen vor, derer sich die Behörde nach ihrem alleinigen Ermessen bedienen kann, vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 VwZG. In der Praxis haben sich einige Zustellungsformen durchgesetzt, von denen folgende besonders aktuell sind.

§ 3 VwZG sieht die Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde vor. Die den Verwaltungsakt erlassende Behörde übergibt der Post das zuzustellende Schriftstück, das von dem Postbediensteten an den Adressaten übergeben wird. Nach der Übergabe wird die Zustellung beurkundet und die Urkunde an die versendende Behörde zurückgeleitet.

Nach § 4 VwZG kann durch die Post mittels Übergabe-Einschreiben oder durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Die Zustellung wird durch den Rückschein nachgewiesen. Das zuzustellende Schriftstück gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen.

§ 5 VwZG konstituiert die Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis. Hierbei händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger aus,der im Gegenzug ein datiertes Empfangsbekenntnis unterschreibt.

Fehler bei der Bekanntgabe

Unterlaufen bei der Bekanntgabe Fehler, sind daran kraft Gesetzes Rechtsfolgen geknüpft. Wenn es an den Voraussetzungen der Bekanntgabe überhaupt fehlt, etwa, weil eineBekanntgabe gänzlich unterblieben ist, wird der betreffende Verwaltungsakt gemäß § 43 Abs. 1 S. 1VwVfG von vornherein nicht wirksam. Uneinigkeit besteht dann, wenn die Bekanntgabe zwar erfolgt ist, jedoch gegen Verfahrens- oder Formvorgaben verstoßen wurde. Nach herrschender Ansicht ist nach der Schwere des Fehlers zu differenzieren. Stellt sich der Fehler als weniger gewichtig dar, wird die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes nicht betroffen. In welchen Fällen der unterlaufene Fehler eine Nichtigkeit des Verwaltungsaktes bedingt, ergibt sich abschließend aus § 44 VwVfG. Im Falle Zustellung als besonderer Form der Bekanntgabe sieht § 8 VwZG eine weitgehende Heilungsmöglichkeit von Zustellungsfehlern vor.

Fazit

Nicht selten kommt es bei der Bekanntgabe oder der Zustellung von Verwaltungsakten zu Fehlern. Hierauf ist in der anwaltlichen Praxis ein sorgsames Auge zu legen. Denn ein Verwaltungsakt wird erst mit tatsächlich erfolgter Bekanntgabe wirksam. Rechtsmittelfristen beginnen dann erst zu laufen. So kann es sein, dass ein Nachbar Monate nach Erteilung der Baugenehmigung an den Bauherrn noch Widerspruch gegen die Baugenehmigung erheben kann, wenn ihm diese nicht (wirksam) bekanntgegeben bzw. zugestellt wurde.

Bei Fragen im Verwaltungsrecht und öffentlichen Baurecht steht Ihnen Rechtsanwalt Markus Erler durchsetzungskräftig zur Verfügung.

 

Kategorien

Schlagworte